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Titel
bielerfrauen – grâce à elles. 20 Lebensgeschichten von Bieler Frauen und Bieler Frauengeschichte ab 19. Jahrhundert


Herausgeber
Frauenplatz Biel. Femmes en réseau Bienne
Erschienen
Biel 2009: eFeF-Verlag
Anzahl Seiten
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Kellerhals Katharina, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Bern

Als weltoffen und tolerant preist sich die Stadt Biel auf der offiziellen Website an, gewürdigt würden in ihrem Jahrbuch jedoch «prioritär Männerverdienste», wird in den bielerfrauen kritisiert. In der grössten zweisprachigen Stadt der Schweiz leben aber Frauen, die viel bewegt haben; grâce à elles wurden Frauenanliegen umgesetzt, sie prägten Quartiere und Kulturbereiche. Diese Leistungen werden nun im «ersten Bielerfrauenbuch» sichtbar gemacht (S. 9). Die Herausgeberin – der Verein Frauenplatz Biel – versteht sich als Plattform für feministische und gleichstellungspolitische Themen und will mit dieser Publikation Einblick in weibliche Lebensgeschichten geben und gleichzeitig die Bieler Frauengeschichte aufarbeiten.

Das Projektteam (Laura C. Glauser, Ursula Lipecki) hat zusammen mit weiteren Autorinnen und Fotografinnen ein Werk geschaffen, das – ungefähr dem Sprachenproporz entsprechend – dreizehn resp. sieben Lebensgeschichten von Frauen dokumentiert. Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert, welche die wesentlichen gesellschaftlichen Themen Körper & Gesundheit, Bildung & Arbeit, Kultur & Kunst, Recht & Politik sowie Frauenbewegung Biel zweisprachig aufnehmen. Die jeweiligen Frauenporträts werden mit einem kurzen frauengeschichtlichen Exkurs und Porträts historischer Persönlichkeiten eingeführt. Abgeschlossen wird jedes Kapitel mit einem Zeitspiegel, der mit passenden Quellen weitere thematische Beispiele beifügt.

Ausdrucksstark sind vor allem Passagen in den vielfältigen Frauenbiografien: Aus den Tagebüchern einer Tochter aus gutbürgerlicher Bieler Familie vernehmen wir vom grossen Bildungshunger junger Frauen im 19. Jahrhundert, der sich beim Anfertigen von Babykleidern zu wohltätigen Zwecken im Kreise der Cousinen – zumindest aber bei Wein und feinsten Törtli – erschöpfte. Wir erfahren, dass bereits 1979 eine Sozialistin im Stadtrat mit einem Vorstoss für einen Vaterschaftsurlaub grosse Heiterkeit auslöste oder dass sich eine Hausfrau und Mutter – als ehemaliges Arbeiterkind – mit konstanter Weiterbildung 1978 als Direktorin der Pflegeberufsschule etablieren konnte. Als bekennende Feministin – «eine Frau, die für Frauen etwas erreicht hat» (S. 202) – erwartet eine ehemalige Pfarrerin eine Verbesserung der öffentlichen Kinderbetreuung, und mit einem bemerkenswerten akademischen Leistungsausweis wirkt eine schwarze Stadträtin der Grünen als Mediatorin im interkulturellen Bereich. Wunderbares Zeugnis weiblicher Kultur und Bieler Lebensweise ist speziell die stimmungsvoll treffende Beschreibung der 1980 verstorbenen Schriftstellerin Marguerite Janson-Juillerat, die – französischer Muttersprache – eine deutsche Schule besuchte und mit einem Uhrenindustriellen verheiratet war.

Zitierweise:
Katharina Kellerhals: Rezension zu: Frauenplatz Biel. Femmes en réseau Bienne (Hrsg.): bielerfrauen – grâce à elles. 20 Lebensgeschichten von Bieler Frauen und Bieler Frauengeschichte ab 19. Jahrhundert. Biel, eFeF 2009. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 1, 2011, S. 56-57.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 1, 2011, S. 56-57.

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